09.10.2023 Diskussion zum Thema „Medizinische und pflegerische Versorgung in Herbolzheim“

Am 9.10.2023 lud der CDU Stadtverband Herbolzheim zu einer Diskussion zum Thema „Medizinische und pflegerische Versorgung in Herbolzheim“ ein. In den Räumen von Neusehland am Marktplatz in Herbolzheim, die Niederlassungsleiter Pirmin Motz zur Verfügung stellte, berichteten Expert*Innen aus den Bereichen Medizin und Pflege von ihren Erfahrungen.

Dr. Martin Zeller, der seit vielen Jahren als Hausarzt in Herbolzheim praktiziert, berichtete, dass die hausärztliche Versorgung in Herbolzheim grundsätzlich gut sei, aber dass die Schließung der kleineren Krankenhäuser wie die in Ettenheim und Herbolzheim ein Verlust seien. Für die Aufnahme eines Patienten ins Krankenhaus müssten heute zahlreiche Hürden überwunden werden, so Dr. Zeller.
Monika Bochow, Eigentümerin der Brunnen Apotheke in Herbolzheim, merkte an, dass die Versorgungsmängel und Lieferengpässe bei Medikamenten auch mit der Festschreibung der Preise zusammenhänge. Global gesehen gebe es keinen Mangel an Arzneimitteln, jedoch aufgrund von Rabattverträgen lohne es sich für die Hersteller oft nicht, nach Deutschland zu verkaufen. Außerdem könne im Ausland zumeist billiger produziert werden.
Zur Situation hinsichtlich der pflegerischen Versorgung wurde das Modell der Herbstzeit GmbH vorgestellt. Hier wird pflegebedürftigen Menschen eine Alternative zum Heim geboten, indem sie in Gastfamilien betreut werden. Herbstzeit vermittelt Gastfamilien an Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2. Eine pflegerische Ausbildung der Gastfamilie sei nicht notwendig, auch wenn diese oft Pflegeerfahrung hätten, so Martik Kipka von Herbstzeit.
Die alleinerziehende Mutter Britta Volk hat sich dafür entschieden, die 90-jährige Dorothea Hoppe bei sich aufzunehmen. Sie berichtete von ihren Erfahrungen bei der Pflege und im Zusammenleben mit Frau Hoppe. Tochter Josy freue sich mittlerweile auch darüber, dass sie nun eine weitere Oma habe.
Maria Spengler vom Pflegezentrum Kenk in Herbolzheim thematisierte den Fachkräftemangel, der seit der Coronapandemie noch einmal zugenommen habe. Ein soziales Jahr, bei dem junge Menschen unterstützend in der Pflege tätig seien, wäre bei der Betreuung Plegebedürftiger hilfreich. Fünf bis sechs Anrufe täglich erhalte sie durchschnittlich von Angehörigen, die sich in einer verzweifelten Lage befänden. Hier helfe oftmals auch ein beratendes Gespräch, denn für Heimplätze gibt es lange Wartelisten.
Dies bestätigte auch Nathalie Müller, Geschäftsführerin der Sozialstation St. Franziskus in Herbolzheim. Nicht alle, die einen Pflegedienst brauchen, können auch versorgt werden, so Frau Müller. Für die Zukunft werde es vermutlich nur noch eine Grundversorgung geben, der Rest müsse privat finanziert werden. Auch würden in Zukunft mehr Fachkräfte aus dem Ausland ausgebildet werden.
Dass es zukünftig nicht mehr ohne Pflegekräfte aus dem Ausland funktionieren werde, bestätigte auch die Sozialdezernentin des Landkreises Emmendingen, Frau Dr. Ulrike Kleinknecht-Strähle. Um genügend Pflegeplätze zur Verfügung stellen zu können, bräuchte man mehr Pflegeheime. Hier dauere die Planung allerdings 50 Jahre. Auch wenn die Zahl der über 65-jährigen bis zum Jahr 2030 rasant zunehme, so bestehe die Möglichkeit, dass es in fünfzig Jahren wieder weniger Pflegebedürftige gebe. Darum sei es kaum möglich, Investoren für Pflegeheime zu finden.
In Zukunft wird so auch das Ehrenamt eine wichtige Rolle spielen. Andreas Marx berichtete, dass es, ausgehend von einer Idee des Zentrums für Generationen in Wagenstadt, in Herbolzheim ein Projekt gibt, in dem Freiwillige zu Alltagsbegleitern ausgebildet werden. Bereits 15 Personen haben an dem Qualifizierungskurs teilgenommen. Die Alltagsbegleiter unterstützen Menschen bei Tätigkeiten wie einkaufen gehen, Arztbesuchen oder Behördengängen.
Immer wieder kam auch in der anschließenden Diskussion die Frage nach der Finanzierung auf. Dies werde das große Problem in der Zukunft bleiben. Die Leistungen, so die Ansicht der Expert*Innen, müssen vermutlich gedeckelt werden, da das System sonst nicht finanzierbar sei.
Die sehr gut besuchte Veranstaltung zeigte einmal mehr, dass es wichtig ist, sich sowohl um die medizinische Versorgung als auch um die Pflege im Alter rechtzeitig Gedanken zu machen.

Durch den Abend führten Cornelia Held, Hannes Weigelt und Pascal Weingardt vom CDU Stadtverband, welche die Veranstaltung auch organisiert haben.

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